Über das Projekt

Ahrbandi (zentralasiatische Ikats) stellen eine besondere und bemerkenswerte Gruppe unter den Ikat-Textilien dar. Sie zeichnen sich vor allem durch leuchtende Farben und ihre verschwommenen Muster aus. Abr-Textilien wurden in Zentralasien hauptsächlich während des 19. und 20. Jahrhunderts populär und gelten als eines der bedeutendsten textilen Vermächtnisse der Kontinent-übergreifenden Seidenstraße. Der Entstehungszeitpunkt dieser Ikat-Technologie in Zentralasien kann nicht genau bestimmt werden. Die frühesten archäologischen Funde von Ikat-Objekten auf dem asiatischen Kontinent werden auf das 7. Jahrhundert n. Chr. datiert.
Während des 19. Jahrhunderts spielten Ikatstoffe eine wichtige ökonomische Rolle als Luxusgüter und wertvolle Handelswaren. Die Stoffe zeigten soziale Unterschiede bei Kleidung, Geschenken (z.B. repräsentative Gewänder) und zeremoniellen Kostümen auf. Sowohl der Geschmack der Verbraucher von Abr-Textilien als auch die Muster der Textilien haben vielfältige Wandlungen durchlaufen. Seit den 1960er Jahren wurde der Wert traditioneller textiler Handarbeiten in Usbekistan – dem Zentrum zentralasiatischer Ikat-Produktion – wiederentdeckt und weiterentwickelt. Seit Usbekistans politischer Unabhängigkeit im Jahr 1991 haben Ikat-Textilien eine Renaissance im Modedesign und Folkloregeschäft erfahren. Die zeitgenössische Ikat-Produktion ist nicht so mannigfaltig und reichhaltig wie noch im 19. Jahrhundert. Viele traditionelle Textilien werden nicht mehr hergestellt. Werden sie in der Literatur erwähnt, mangelt es oft an genauen Erläuterungen von Technologie und Terminologie.
Seit Beginn des 21. Jahrhunderts begannen usbekische Ikats, sich ihren Weg in die internationale Modewelt zu bahnen. Einer der bekanntesten US-amerikanischen Designer, Oscar de la Renta, präsentierte 2005 als Erster eine „usbekische“ Kollektion. Zwei Jahre später experimentierte Nicolas Ghesquiere (House of Balenciaga) erfolgreich mit usbekischen Ikats. Frida Giannini, Kreativdirektorin bei Gucci und Dries Van Noten, ließ sich ebenfalls von den traditionellen Textilien der usbekischen Kultur inspirieren. Der Ikat ist seither ein internationaler Modehit geworden. Kleidung mit usbekischen Drucken wurde inzwischen von fast allen beliebten Modemarken auf den Markt gebracht.
Die Recherche für dieses Projekt hat eine große Anzahl von zentralasiatischen Ikat-Kollektionen in vielen international bekannten Museen ergeben. Darunter befinden sich u.a. das „Museum of Arts of Uzbekistan“, das „State Museum of History of Uzbekistan“, das „Museum of Applied Arts“, das „Bukhara State Architecture and Art Museum-Reserve“, das Textilmuseum in Washington (USA), das Victoria & Albert-Museum in London (UK), das Linden-Museum in Stuttgart, die Kunstkamera in Sankt-Petersburg (Russland), das Asien- und Pazifikmuseum in Warschau (Polen), das Israelmuseum in Jerusalem und das Museum für islamische Künste in Malaysia.
Im Laufe der Forschung konnte eine riesige digitale Sammlung von Bildern zentralasiatischer Ikats zusammengetragen und eingerichtet werden. Die Daten stammen überwiegend aus Museumskatalogen und anderen literarischen Quellen. Zusätzlich wurden seit 2008 Informationen über zeitgenössische Ikats während Feldforschungen in den aktuellen Zentren usbekischer Ikat-Produktion gesammelt; in Textilläden, auf den berühmten Textilmärkten der Städte Andijan, Namangan, Marghilan, Buchara, Urgut und Tashkent sowie während Begegnungen und Interviews mit usbekischen Textilkunsthandwerkern und Händlern auf Textilmärkten in Istanbul.